Ostern in Istanbul
In Istanbul gibt’s kein Osterfest. Ein guter Grund dort mal im April 2015 hinzufliegen, dachten wir uns.
Konstantinopel galt als größte und reichste Stadt des oströmischen Reiches. Erst 1453 wurde das bis dato christliche Zentrum von Osmanen erobert und muslimisch. Dementsprechend besitzt Konastantinopel, das 1930 in Istanbul umbenannt wurde, einen Charme aus diesem Mix der unterschiedlichen Kulturen, die in den vergangenen Jahrhunderten hier ein- und ausgingen.
Dank Atatürk wurde aus Istanbul nicht ein Religionsstaat wie der Iran, Saudi Arabien oder Dubai, da man die Trennung von Moschee und Staat im Auge behielt. Mit Erdogans religiös-autokratischem Unterton tendiert das wieder in genau die andere Richtung. Die türkische Passivität gegenüber dem IS, die Militäraktionen gegen die erfogreichsten Gegner des IS, die Kurden, zeitweilige Verbote von Twitter und Repressalien gegen kritische Journalisten sprechen eine eigene Sprache.
Deshalb habe ich erst nach unserer Rückkehr nach Berlin begonnen, über unseren Kurztrip nach Istanbul zu schreiben. Wer nämlich öffentlich Recep Erdogan als Autokraten bezeichnet, geht in’s Gefängnis. Das alles machte eine Reise dorthin spannend.
Reisevorbereitungen für Istanbul
Am schwierigsten gestaltete sich die Online-Hotelsuche. Nicht, dass es in Istanbul zu wenige Unterkünfte gibt. Es geht hier um die Qualität und um das Preis-Leistungsverhältnis. Wer auf den einschlägigen Portalen sucht, wird jede Menge Apartments und Hotelzimmer in sämtlichen Preiskategorien finden. Wer jedoch die Bewertungen und Bilder genauer unter die Lupe nimmt, wird erkennen, dass die Istanbuler alles zu stolzen Preisen vermieten: vom Kellerloch bis zum Dachboden. Irgendwie hat hier fast alles einen Haken.
Das „schöne Altbau-Apartment“ mitten in Istanbul entpuppt sich dann als 12 Quadratmeter-Zimmer mit Blick auf eine Brandwand, das preisgünstige 4-Sterne Hotel liegt direkt an der lärmenden Stadtautobahn oder eine Pension vermietet unter anderem Zimmer ohne Fenster.
Glücklicherweise hatten wir ein neu errichtetes Apartmenthotel gefunden, das verkehrsgünstig an einer U-Bahnstation im Stadtteil Eyup liegt, komfortable Zimmer mit Terrasse hat und sich in einer ruhigen Lage inmitten eines Wohnblocks befindet. Trotzdem wirkten die Zimmer auf den Bildern viel größer…
Stauzeichen als Stadtwappen?
Meine Liebste und ich landeten am Gründonnerstag spätnachts am Atatürk Flughafen in Istanbul und ich war so verrückt, uns einen Mietwagen zu buchen. „Ein bisschen herumkommen und von der Stadt mehr zu sehen, kann ja nicht schaden“, dachte ich mir, bis wir um 23.30 Uhr unseren ersten Stau erlebten. 23.30 Uhr?! Das war ein vergleichsweise kleiner Stau. Am Tage sieht ganz Istanbul aus wie ein großer Parkplatz. Zwischendrin Autolawinen, die sich im Schneckentempo vorwärts bewegen.
Kaum etwas bewegt sich. Hier und dort schieben Händler ihre Karren zwischen den Autos und bieten Waren an. Irakische und syrische Bürgerkriegsflüchtlinge, von denen es in Istanbul sehr viele gibt, verkaufen Wasserflaschen an durstige Autofahrer. Das Leben in der 18 Millionen-Metropole Istanbul findet auf der Straße statt – genauer gesagt im Stau. Vielleicht liegt das daran, dass alle einen Parkplatz suchen bzw. nicht wissen, wo sie ihr Auto abstellen sollen. Am öffentlichen Nahverkehr liegt es jedenfalls nicht, der wird vergleichsweise wenig genutzt.
Wenn man einmal aus dem Stau ist (was für kurze Zeit passieren kann), dann muss man in Istanbul das flexible und intuitive Autofahren beherrschen. Die türkische Metropole ist keine Stadt für Mietwagen-Anfänger, sondern (im Vergleich zu Bangkok, Palermo, Panama City, New York und Paris) absolute Profi-Liga. Vorfahrt hat, wer frech ist und in nahezu jeder Situation gut drängeln kann. Glücklicherweise besaß unser Apartmenthotel eine großzügige Tiefgarage, so dass wir nicht im Auto übernachten mussten, weil es eben auf der Straße so gut wie keine Parkmöglichkeiten gibt.
Touristen und Bürgerkriegsflüchtlinge
Gleich am nächsten Tag ließen wir das Auto stehen und nahmen die U-Bahn in Richtung der byzantinischen Kirche Hagia Sophia, dem einstigen christlichen Wahrzeichen dieser Stadt sowie dem Großen Basar. Vor der Kirche erwartete uns eine große Schlange und so guckten wir uns den Basar an. Die Architektur, die Istanbul vorzuweisen hat ist ein fabelhafter Mix aus zweitausend Jahren Geschichte. Byzanz trifft auf Tausendundeine Nacht und dann geballt auf die Moderne.
Istanbuls asiatische Seite
Anstatt durch die Museen und Moscheen zu hoppen haben wir uns die Stadt mit ihren Einwohnern angesehen und sind viel in den Stadtteilen unterwegs gewesen. Am besten gefallen haben uns der Bosporus sowie die Stadtteile Uskadar und Kadikoy auf der asiatischen Seite von Istanbul.
Nicht ohne Grund gibt es eine Städtepartnerschaft zwischen Berlin Kreuzberg-Friedrichshain und Kadikoy. Beide Stadtteile ähneln sich, wenn man sich das Straßenleben ansieht: nette kleine Cafes und Bars, Gemüsehändler, „Spätkäufe“ („Spätis“) und Straßenzüge mit pittoresken Altbauten.
Hier kann man sich vom Stress der europäischen Seite Istanbuls erholen, wenn man hier einen Parkplatz findet (wir hatten das absolute Glück).
Anders als in den meisten US-amerikanischen Restaurants kann man im muslimischen Istanbul sein Bier oder Wein draußen im Straßencafe trinken, ohne dafür schief angesehen oder gar bestraft zu werden.
Hoffentlich bleibt das trotz der AKP-Regierung bzw. der religiösen Fanatiker so. Von Uskadar aus hat man einen tollen Blick auf den Bosporus mit seinen kleinen Inseln und seinem regen Schiffsverkehr.
Ausflug an das Schwarze Meer
Nach zwei Tagen wurde uns Istanbul zu stressig und wir beschlossen, „mal auf’s Land zu fahren“. Genauer gesagt wollten wir an das Schwarze Meer nach Yenikoy (zu Deutsch: „neues Dorf“), das mit dem Auto in knapp 2 Stunden zu erreichen ist, wenn der Stau normal ist. Kaum waren wir aus dem Großstadtmoloch auf der Landstraße, befanden wir uns in einer absolut unattraktiven ländlichen Umgebung. Kaum richtige Dörfer, alles zersiedelt und potthässlich.
Am schönsten war die Autobahn, da man hier schnell weg kam. Über Yenikoy ist wenig zu sagen, außer dass es über Ostern noch zu kalt ist, um im Schwarzen Meer schwimmen zu gehen und die Strände entsprechend leer waren. Der Ort selbst wirkt ziemlich farblos und besitzt ein paar kleine Restaurants. Nach einem Kaffee und einem kleinen Strandspaziergang fuhren wir noch etwas die Gegend ab, aber es wurde nicht schöner.
Ganz nett aber kein Highlight
Am letzten Tag vor der Abreise versuchten wir es noch auf der europäischen Seite mit der Küstenstadt Silivri. Unser Flug ging am Abend, so dass wir tagsüber noch etwas ansehen konnten.
Silivri besitzt einen schönen kleinen Hafen mit netten Cafes und Restaurants. Auch die Preise waren hier in Ordnung. Aber für einen Urlaubsort fehlte dann doch das gewisse Etwas.
Insgesamt war es eine gute Erfahrung, so eine laute 12-Millionen-Stadt wie Istanbul kennengelernt zu haben. Wenn man aber aus Berlin kommt und türkischstämmige Berliner im Bekanntenkreis hat, dann ist der Kulturschock nicht groß – ganz im Gegenteil kommt man gut zurecht.
Architektonisch ist Istanbul sicherlich ein Highlight – auch, wenn man dort Freunde trifft.
Aber als „Ausflugsziel“ mit Entspannungs- und Wohlfühlfaktor hat es uns – abegesehen von Kadikoy und der historischen Bauwerke – „nicht vom Hocker gerissen“.
Da bin ich lieber in Kreuzberg unterwegs.
Unsere Empfehlung für entspannte Nächte in Istanbul
Apartist Eyup | Istanbul
Es ist schwer, in Istanbul ein sauberes, komfortables Apartment zu finden, das gut liegt (nicht neben einer Baustelle, lärmig oder heruntergekommen) und kein Nepp ist. Hier waren wir sehr zufrieden. Tolles Ambiente, Privatparkplätze ohne Ende (absolut wichtig bei Mietwagen in Istanbul) und sehr verkehrsgünstig (U-Bahnnähe, 30 Min. vom Airport) gelegen.
Sehr freundlicher Empfang – auch mitternachts. Die Anlage ist komplett neu, sicher (bewacht und abgeschottet) und mit Fitnessraum, Kiosk, etc. gut ausgestattet. Wir hatten die Executive Suite und waren damit sehr zufrieden.