Von Hobbit zu Hobbit in Neuseeland unterwegs
Mit dem Finger durch Mordor
Angeblich besitzt Neuseeland die schönsten Landschaften der Welt. Darüber weiß ein jeder zu berichten, der oder die alle drei Teile des Mittelerde-Klassikers „Herr der Ringe“ gesehen und gefeiert hat. Es gibt sogar eine Google Maps-Karte, auf der alle Drehorte in Neuseeland eingezeichnet sind. Damit weiß der Urlauber, ob er sich beispielsweise im Auenland oder in Mordor befindet, wenn er in’s Hotel eincheckt. Nur die Hobbits, Elben oder Nasgul fehlen. Die sieht man nach viel gutem Wein aus Marlborough Country.
Aber ist Neuseeland wirklich so schön wie Mittelerde? Genau das wollten meine Ehefrau und ich im Januar 2018 herausfinden; zumindest im südlichen, „ursprünglicheren“ Teil der Doppelinsel.
Wir starteten in Christchurch und erkundeten 10 Tage lang mit dem Auto nach Havellock und von Takaka aus den Abel Nationalpark sowie die wilde, gebirgige Küste rund um den Franz Josef Gletscher (er heißt wirklich so). Dann zurück nach Christchurch. Insgesamt drei mal drei Tage plus einen Tag in Christchurch Übernachtung.
Mobile Hundehütten
In Neuseeland regnet es (im Januar) viel und umso lustiger wird es, im Nirgendwo auf vier Quadratmetern tagsüber stundenlang in einer stickigen Blechbüchse zu verbringen und aus dem kleinen Guckloch heraus den Regen zu beobachten. Die einen nennen das Freiheit, für die anderen ist das eine kleine, fahrbare Gefängniszelle.
Da man innerhalb einer vorgegebenen Reisezeit (An- und Abflug) ohnehin eine festgelegte Tour planen muss und damit zwangsläufig auf bestimmte Halteorte festgelegt ist, entpuppt sich auch hier die „Freiheit“ mit dem Wohnmobil als trügerisch und überteuert.
Für den gleichen Preis konnten wir uns, einschließlich Mietwagen, die schönsten Apartments und sogar ein Haus mit schönem Garten an der Küste mieten. Von dort aus ließen sich alle Points of Interest bequem und „frei“ mit dem Auto erkunden. Das war sehr entspannt und hat Spaß gemacht.
Ärgerlich war nur, dass man gefühlte Stunden auf kurvenreichen Landstraßen hinter diesen Hundehütten herzuckeln musste, da niemand der Touristen auf die Idee kam, mal kurz die angestaute Kolonne vorbeizulassen. Nur die Einheimischen konnten soweit denken und handeln. So zuckelten wir durch die Landschaft und in Richtung Norden der Südinsel, wo wir unsere erste Unterkunft für drei Tage in Takaka bezogen.
Ice Age statt Herr der Ringe
Das erlösende Ufer nahte und das Boot setzte uns, Sid, Verena und den Jungen an einem südseeähnlichen Strand (weißer Sand, türkises Wasser) mitten im Abel Tasman Nationalpark ab, den meine Frau und ich im Schnellschritt in Richtung Wanderpfad verließen. Dieser war großartig, da man hier seine Ruhe hatte und entlang der Traumstrände durch den Regenwald zurück in Richtung Ausgangspunkt wandern konnte. Das Wetter meinte es (trotz der Ice Age Bootsfahrt) mit etwa 27 Grad und Sonne gut mit uns.
Der Abel Tasman Nationalpark ist sehr leicht zu bewandern und wunderschön. Es gibt kaum Steigungen, keine Bären, Tiger oder Klapperschlangen sowie sehr wenig Wanderer. Wem dennoch die Puste ausgeht, kann an einem der Strände ein Wassertaxi nehmen. Solche Shuttles halten gerne nach Kunden Ausschau.
Come to Marlborough Country
Apropos Leute. Wir haben in Neuseeland äußerst freundliche Menschen kennengelernt, noch eine Stufe freundlicher als in Australien. Für frotzige Berliner kann so etwas schnell überfordernd sein, wenn man kurz davor ist, von den Einheimischen geknuddelt und herzlich begrüßt zu werden. Keine Spur von Oberflächlichkeit, wie man es in den USA gewohnt ist und viel Entspanntheit. Wir haben uns hier unter den Einheimischen sehr wohl gefühlt.
Franz Josef I
Er ist mit 2.955 Metern der höchste Berg von Neuseeland. Aber sicherlich nicht der schönste. Wir fuhren von unserem gemieteten Haus in Awatuna dorthin. Die Küste ist schroff und verregnet. Anstatt eines pittoresken „Alpengletschers“ erwartete uns eine Schotterhalde und dahinter etwas Bergähnliches, das hoch nach oben ragte. Franz Josef I von Österreich war scheinbar nicht sonderlich beliebt, so dass man diesen Berg nach ihm benannte.
Dafür war der Paparoa Nationalpark etwas Besonderes. Er liegt ebenfalls an der wilden Westküste direkt an steilen Klippen. Dort begrüßte uns das Schild „Für ein Foto müssen Sie nicht sterben“. Scheinbar sind hier ein paar Instagramer beim Selfie unfreiwillig über die Klippen gesprungen. Dementsprechend tief kann man über den Holzzaun 50 Meter tief in den Abgrund blicken, wo die grauen Wellen gegen die spitzen Felsen prügeln.
Neuseeland für Südtiroler?
Vielleicht sind wir das nächste Mal in Neuseeland auf der Nordinsel und alles ist anders. Who knows.