Eine Nacht in Texas
Wir verließen Panama und es ging für eine Nacht nach Houston, Texas, wo wir eigentlich ein Rodeo besuchen wollten. Anders als in Miami ging die Einreise am George-Bush-Flughafen (sic!) erstaunlich schnell. Da es aber schon spät war, musste das Rodeo ohne uns stattfinden und wir fuhren stattdessen zum Essen in ein mexikanisches Restaurant (Porta Viejo) nach Portier. Als Ribeye („wie wollen Sie Ihr Steak? Bloody oder medium?“) servierte man uns ein Schweinenacken-Steak, das zäh wie eine Schuhsole war.
Wie ich später online auf meinem Kreditkartenkonto feststellte, zogen sie anstatt der 35 Dollar (Quittung) frecherweise die doppelte Summe ein. Danach ging es ins Bett und um 6 Uhr früh mit dem Mietauto wieder zu George Bush. Das war Texas, das war Mexiko.
Back in Miami
Über Miami und Florida habe ich bereits in meinem anderen Reisebericht ausführlich erzählt. Aber man kann es immer wieder neu entdecken – so oder so. Zurück in Miami ging es diesmal für zwei Nächte in ein Motel (Travellodge), das die besten Gäste-Bewertungen bei Booking.com für bezahlbare Unterkünfte (bis 100 Dollar/ Nacht) in Südflorida besitzt (Note 8.5).
Warum, das leuchtet uns bis heute nicht ein. Es liegt genau hinter einer Tankstelle und neben einem Mc Donalds (vielleicht ist das der Grund), hat so dünne Wände, dass man beim Zimmernachbarn das telefonische Freizeichen deutlich hören kann.
Beim Fernseher drei Zimmer weiter kann man das Programm erraten. Obwohl es sauber ist: Das Zimmer riecht nach Muff und wie bei fast jedem Motel lacht einen ein Kühlergrill an, wenn man aus dem Fenster sieht. Im Frühstücksraum wird überwiegend deutsch gesprochen und alles gegessen, das wie aus Plastik aussieht.
Wir nutzen diese Unterkunft glücklicherweise nur zum schlafen, da wir am ersten Tag den berühmten Florida-Keys einen Besuch abstatten wollten.
Die Florida Keys
Das ist der etwa 200 Kilometer lange Land-Zipfel am Ende von Florida, von dem aus man den Kubanern neuerdings nach Barack Obamas diplomatischer Annäherung an die sozialistische Dinosaurier-Insel den Kubanern zuwinken darf. Wir erwarteten türkisblaues Wasser, weiße Strände und Karibikflair auf unserer Route. Nach etwa 70 Kilometern Fahrerei auf den Keys kehrten wir enttäuscht um: Eine langweilige zugebaute Strecke, von der aus man das Meer kaum zu Gesicht bekommt, obwohl die Keys nicht breit sind. Man könnte auch in einer Dauerschleife durch eine Kleinstadt in Wisconsin fahren und es wäre kaum spannender.
Vögel, Mücken und Alligatoren ohne Ende
Unsere nächste Tour war dann eine Wiedergutmachung für die langweilige Keys-Tour: 100 Kilometer Natur pur durch den Everglades Nationalpark. Auf dem Weg dorthin kann man sich ein Gefängnis von außen ansehen sowie ein paar der Insassen, die mit bewaffneten Begleitschutz das Grün drumherum pflegen. In den Nationalpark selbst gelangt man durch eine Eintrittsschranke – Eintritt: 7 Dollar pro Person. Es lohnt sich, da man hier die ganze Panorama-Strecke bis zur Naturschutzstation und danach dem Camping Platz durch unberührte Natur fährt. Ab und an gibt es Haltebuchten, die zum Teilan Gewässern liegen. Hier kann man den Krokodilen beim Spielen zusehen und sämtliche Vogelarten bestimmen (wenn man sie denn erkennt).
Angekommen an der Naturschutzstation, von der aus man die Keys sehen kann, stiegen wir aus und dann schnell wieder in das Auto ein. Trotz Überdosis Autan und Co stürzten sich sämtliche Sumpfmücken auf uns. Ok – im Auto bleiben. Wir fuhren zum Campingplatz, auf dem Biologie-Studenten ihre Zelte aufgeschlagen hatten.
Wahrscheinlich war das (aufgrund der Mückenplage) ein Strafcamp für besonders freche Kommilitonen. Drumherum drehten die US Wappenvögel ihre Runden. In den Everglades zeigt Florida seine sumpfige Seite, Mangroven ohne Ende, überall kleine Kanäle und endlos weite Feuchtwiesen. Man kann hier nicht einfach querfeldein drauflos wandern. Dazu gibt es die berühmten Propellerboote, die in keinem Hollywoodstreifen fehlen, der in den Sümpfen spielt.
Aber wie gesagt, ohne Ende aggressive Mücken, denen es egal ist, ob Du auf so einem Boot sitzt oder einfach nur Vögel fotografierst. Wir blieben noch einen Tag in South Florida und drehten unsere Autorunden in Miami Beach – in der Hoffnung, dort einen Parkplatz zu finden, um am Strand lang zu laufen. Aber Parkplätze gibt es dort nicht, wenn die Sonne lacht und alle in leichter Kleidung zum Beach eilen. Die einzigen freien Parkplätze findet man dort in den umliegenden Malls.
Senioren-Stadt Fort Myers
Man sagt ja die Ostküste Floridas ist für die jungen Leute und auf der Westseite tummeln sich die Rentner. Hier ist viel wahres dran. An der Golfküste ist es ruhiger, gesetzter und meines Erachtens schöner. Hier kann man die amerikanische Daseinsform gut ausprobieren. Wir mieteten uns für eine Woche ein big Haus mit Pool, 3 Schlafzimmern und 2 Bädern inmitten eines Vorortes von Fort Myers. Alles wie im Film: ein elektrisches Garagentor, der big Grill am Pool, der Schredder im Abfluss der Spüle und ein Eiswürfelautomat am Kühlschrank.
Anzumerken ist hier, dass man nicht aus Versehen einen Teelöffel in das Spülbecken mit dem Schredder werfen sollte – ein verirrter Löffel in diesem uramerikanischen mechanischen Abflussreiniger und die Angelegenheit kostet um die 800 Dollar. Unsere Terrasse war (wie bei den meisten Häusern in Florida) mit einem Mückengitterhaus (schon wieder grüßt die Mücke) umgeben.
Davor eine Wiese und ein Kanal. In der Haus- Bedienungsanleitung hieß es: „Bitte die Wiese wegen der Giftschlangen meiden.“ und „im Kanal schwimmen Alligatoren“. Ok, deshalb der Pool. Also keine morgendlichen Schwimmausflüge durch das Kanalnetz von Fort Myers. Die Nachbarn bekamen wir kaum zu Gesicht. Wahrscheinlich schufteten sie den ganzen Tag, um ihr Haus abzuarbeiten. Die Gegend galt aber als „safe“.
„There are no other Everglades in the world. They are, they have always been, one of the unique regions of the earth; remote, never wholly known.
Nothing anywhere else is like them.“
American Kids
Wer denn die Nachbarn sein können, darüber kann man sich im Internet informieren. Hier gibt es die FBI-Seite, auf der man orten kann, welche verurteilen Sexualstraftäter in der Nachbarschaft wohnen und wie deren Polizei-Akte aussieht.
Das sind beängstigend viele, die hier (selbst in Kleinstädten) zu finden sind. Bei uns wäre das aus Gründen des Datenschutzes und des Rehabilitationsansatzes für ehemalige Straftäter undenkbar.
Vielen US Bürgern hingegen gibt es Sicherheit, zu wissen, welche Straftäter nebenan wohnen und ob man mit seiner Familie in bestimmte Gegenden ziehen möchte oder dann doch lieber woanders hin.
Meiner Beobachtung nach ist man in den USA sehr besorgt um das Wohl der Kinder. In kaum einem anderen Land werden die Kids direkt mit dem Auto an der Schule abgeholt und darauf geachtet, dass hier tatsächlich die richtigen Eltern im Auto sitzen. So sieht man mittags an den Schulen Warteschlangen.
Andere Kids werden in den berühmten gelben Schulbussen abtransportiert. Diese Fahrzeuge sind auf der Straße heilig und man darf sie nicht überholen, wenn sie stehen bleiben.
Für die wenigen Kids, die zu Fuß nach Hause gehen, sind an den Straßenkreuzungen so genannte Cross Guards abgestellt, die die Autos für die Kleinen anhalten.
Der Job als Cross Guard erfordert eine Ausbildung und wird mit etwa 1.800-2.500 US-Dollar/ Monat entlohnt. Natürlich gibt es in den USA ebenfalls wie in anderen Ländern Gewalt gegen Kinder.
Aber egal ob in Restaurants, Malls oder sonstwo im öffentlichen Leben: Wir hatten stets den Eindruck, dass Kinder dort mit mehr Begeisterung behandelt werden als bei uns.
St. Petersburg und zurück nach Hause
Begeistert waren wir auch von Fort Myers Beach und der endlos langen Brücke nach St. Petersburg. Sie ist gefühlte 10 Kilometer lang und sieht aus wie die Golden Gate Bridge in mehrfacher Ausführung (da sie von einigen Inseln unterbrochen wird). Alleine für diese Brücke lohnt sich ein Ausflug in den nördlichen Teil Floridas.
St. Petersburg selbst wirkt unspektakulär wie ein großer langgezogener Vorort mit vielen einfachen Behausungen. So schnell wie wir dort waren, fuhren wir wieder zurück. Außerdem regnete es, was im Sonnenstaat auch mal vorkommt.
Am nächsten Tag lächelte die Sonne wieder und wir fuhren zur schönsten Insel der Golfküste: wieder nach Sanibel Island, wo wir vor zwei Jahren unseren ersten Florida-Urlaub verbrachten. Auch hier gibt es weiße Sandstrände und nette kleine Läden. Und natürlich Unterkünfte ohne Ende – in einer gehobenen Preiskategorie.
Inzwischen hatten wir uns an unser US-amerikanisches Vorstadt-Haus gewöhnt, so dass wir am liebsten noch weitere zwei Wochen dort geblieben wären. Heile Welt-Idylle, Pool, schöne Ausstattung und absolute Ruhe. Man kann die Auswanderer gut verstehen.
Aber nur für ein paar Wochen, dann wird die ganze Sache langweilig und man fragt sich, wo hier die coolen Locations, das anspruchsvolle Kulturprogramm sowie die lauschigen Biergärten sind. Hier besteht für die Amerikaner noch Nachholbedarf.
Fazit: Panama oder Florida?
Für alle, die Ruhe, Sonne, Meer und das Besondere suchen – Florida ist im Winter immer eine Reise Wert. Panama aufgrund des Essens und des Ambiente-Faktors leider weniger. Für eine ausgiebige Sozialstudie eignen sich beide Reiseziele hervorragend. Krokodil, Schlange oder Skorpion: Zum Wandern ist Panama sicherlich abwechslungsreicher. Aber die Nationalparks von Florida sind auch nicht zu verachten. Im kulinarischen Wettstreit befinden sich beide Reiseziele nicht in der Champions-League, sondern eher in der 2. oder gar 3. Liga.
Hier würde ich Florida einen Barbecue-Preis verleihen, während in Panama das plastiklose Omlett-Frühstück prämiert wird. In Punkto Sicherheit muss man in Panama vor der Polizei aufpassen und in Florida höchstens bei Schießereien z.B. in Miami City in Deckung gehen, falls man wirklich mal in eine hineingeraten sollte.
Wettermäßig liegt Panama vorne – dort ist es zur selben Zeit viel heißer als in Florida. Außerdem gibt es den Panama-Kanal, an dem man von morgens bis abends sämtliche Schiffstypen studieren kann, wenn einem langweilig ist. Freundlicheren und offeneren Menschen sind wir in Florida begegnet – vielleicht auch, weil man als Europäer ganz normal auf Augenhöhe wahrgenommen wird, während man in Panama als Europäer stets zur Oberschicht gezählt wird.
Entgegen aller Klischees von Oberflächlichkeit lernt man schnell Amis kennen und sie sind dann oft sehr hilfsbereit. Die Freundschaft für’s Leben muss man ja nicht gleich schließen, wie es dann von manchen Amerika-Kritikern erwartet wird („Amis gehen nicht in die Tiefe“).
Fazit: Nach Florida werden wir sicherlich wiederkommen – nach Panama eher nicht.
Noch mehr Lesestoff? Na klar!
Für alle, die jetzt erstmal richtig auf den USA Geschmack gekommen sind, sollten unsere Reisegeschichten über Kalifornien, Utah & Colorado, den Mittleren Westen, den Blue Ridge Parkway, Florida und New York lesen. Da ist für jeden was dabei.
Wir haben auch ein paar hilfreiche Tipps für die Reiseplanung in die USA oder für eine Mid-West USA Tour. Ihr wollt shoppen bis der Bär tanzt? Dann schaut mal hier in die Outlet Liste.